Der äußeren Form des Sonetts ensprechen der syntaktische Bau und die innere Struktur: Die Quartette stellen in These und Antithese die Themen des Gedichts auf. Die Terzette führen diese Themen in konzentrierter Form durch und bringen die Gegensätze anschließend zur Synthese. Das Sonett wurde übrigens in der 2. Hälfte des 13 Jahrhunderts im Umkreis Kaiser Friedrichs II. am Hof von Parlermo durch die Vertreter der Sizilianischen Dichterschule entwickelt. Meister der Form waren Dante Alighieri sowie Francesco Petrarca und später Shakespeare. In der deutschen Literatur ist das Sonett seit dem 16. Jahrhundert heimisch.
In diesem Buch sind eine Fülle wundervoller Sonette enthalten, ganz zu Anfang solche von Dante Alighieri und Francesco Petrarca, in sehr poetischer Sprache und von berührendem Inhalt. Man wird mit Sonetten aus acht Jahrhunderten vertraut gemacht. Gefreut habe ich mich, dass man sich neben Opitz und Fleming auch an Simon Dachs erinnert hat und mit den schönsten Sonetten meines Lieblingsdichters Andreas Gryphius Gedichte aufwartet. Berührt haben mich die Sonette von Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau, die ich bislang noch nicht kannte. Es sind sehr nachdenkliche Sonette, denen von Gryphius im Tiefgang nicht unähnlich.
Goethes Sonette haben mich nicht überzeugt. Sein Fühlen war zu intensiv, als dass es sich in dieser Form wirklich hätte wohlfühlen können. Mörike schrieb wundervolle Sonette " Die Liebe, sagt man, steht am Pfahl gebunden,/geht endlich arm, zerrüttet, unbeschuht;/.........". Auch Baudelaire und Verlaine konnten mich überzeugen " Mit hohlen Augen, wild, mit starren Brüsten,/Eilt Sappho, die Gluten ihres Wunschs verzehren/Gleich einer Wölfin längs der eis`gen Küsten/..." Am meisten allerdings berührte mich Rilke, insbesondere " Die Sonette an Orpheus": " Meide den Irrtum, dass es Enbehrungen gebe/ für den geschehenen Entschluss , diesen : zu sein!"/...... Bei allem meine ich allerdings, dass nachstehendes Sonett von George Meredith eines der gelungensten Sonette ist, das je geschrieben wurde:
Liebende heute
Daran erkannte er, dass sie schlaflos mit offenen Augen weinte:
Von leichtem Beben seiner Hand an ihrem Haupt
wurde das seltsame dumpfe Schluchzen, das ihr Lager,
das gemeinsame, erschütterte, mit jähem Schreck in sie zurück-
gerufen und stumm abgewürgt, gleich kleinen Schlangen,
die klaffend ihn mit Gift bedrohten. Still lag sie
wie ein Stein, und das lange Dunkel floss
mit ersticktem Pulsen dahin. Dann, als Mitternacht
ihrem mächtigen Herzen voll Erinnerung und Tränen
die bleiche Droge Schweigen einflößte und es in Schlafes
schweren Rhythmen schlagen ließ, lagen sie beide
reglos von Kopf bis Fuß, und ihre Blicke durchforschten
die toten schwarzen Jahre, von müßigem Bedauern auf die bleiche
Wand gekritzelt. Wie abgehauene Gestalten lagen sie
auf ihrem Ehe-Grab, das Schwert dazwischen; und jedes
begehrte nach dem Schwert, das alles trennt.
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