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Rezension:Poemas Portugueses Portugiesische Gedichte: vom Mittelalter bis zur Gegenwart (Taschenbuch)

Das vorliegende Büchlein enthält sechsundachtzig Gedichte von namhaften portugiesischen Dichtern und Dichterinnen.

Geschrieben wurden diese Lyrik vom Mittelalter an bis in unsere Zeit.

Hat sich die Gefühlslage der zur Melancholie und Sehnsucht neigenden Portugiesen in all den Jahrhunderten geändert? Wie mir scheint, eher nicht.

Einige wenige Dichter und Dichterinnen rebellieren. Deren Gedichte gefallen mir besonders. So schreibt António Ramos Rosa (geb.: 1925), ein Dichter mit erkenntnistheoretischem Anspruch, der nach der existenziellen Verwurzelung der Menschen in der Welt fragt, am Ende seines sehr schönen Gedichtes ".../ich kann mein Leben nicht vertagen auf ein anderes Jahrhundert/noch meine Liebe/noch meinen Schrei nach Freiheit.../Ich kann mein Herz nicht vertagen,(vgl.: S.175). Rosa will also im Jetzt leben und sich nicht der Sehnsucht hingeben. Ihn kann ich gut verstehen.

Die Gedichte sind alle in portugiesischer und deutscher Sprache abgedruckt. Herausgegeben wurden sie von Maria de Fátima Mesquita-Sternal und Michael Sternal.

Eugénio de Andrade schreibt in seinem Vorwort, dass die portugiesische Poesie die Identität der Portugiesen sei.

Sehr angetan bin ich von den Versen Fernando Pessoas (1888-1935), welcher der bedeutendste portugiesische Dichter nach Comoes und der wichtigste Repräsentant des literarischen Modernismus in Portugal ist. Über dessen literarisches Schaffen erfährt man analog zu den anderen Dichtern auf den letzten Seiten des Buches Erhellendes.

Pessoa schreibt u.a. "Dier Lieder der Portugiesen/ sind wie Schiffe auf See./ Sie ziehen von Seele zu Seele/ und können leicht untergehen",(S. 105) und zu Beginn eines anderen Gedichtes schreibt er "Oh salziges Meer, wie viel von deinem Salz/sind Tränen Portugals!" (S. 101). Damit charakterisiert er m.E. die meeresorientieren Befindlichkeiten Portugiesen bestens.

Bei Pessoa ist die Melancholie bis ins Unerträgliche gesteigert. Natürlich sind seine Verse ganz wundervoll, aber sie sind düster, so düster wie die Lyrik von Adolfo Casais Monteiro(1908-1972)- "Traurige Musik,/hoffnungsloser nächtlicher Gesang,/nach und nach/dringt er in mein Herz",(S. 141).

Ich möchte eine Gedicht von Florbela Espanca hervorheben, weil es mir sehr gut gefällt:
Ich möchte lieben, lieben ohne Maß!

Lieben nur um zu lieben: Hier..und dort..
Noch diesen noch jenen, noch einen anderen, alle..
Lieben! Lieben! Und niemand lieben!
Erinnern? Vergessen? Alles einerlei!..

Sich binden oder lösen? Ist es schlecht? Ist es gut?
Wer sagt, man könne jemanden
Ein ganzes Leben lieben, ist ein Lügner!

In jedem Leben gibt es einen Frühling:
Muss ihn doch, solange er erblüht, besingen.
Wenn Gott uns eine Stimme gab, dann doch zum Singen!

Bin ich dann eines Tages Asche, Staub und Nichts
Soll meine Nacht ein Morgendämmern sein,
soll ich mich dann verlieren..,um mich neu zu finden...
(S. 120)

Die schwermütige Lyrikerin Florbela Espanca (1894 -1930) beging nach mehreren gescheiterten Liebesbeziehungen Selbstmord.

Portugiesische Melancholie ist nicht ungefährlich, wie das Beispiel zeigt. Der Anspruch zu lieben ohne Maß, hätte es vierdient gehabt, ein langes Leben lang umgesetzt zu werden.

Empfehlenswert.

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Rezension:Briefe bewegen die Welt, Bd 3 (Gebundene Ausgabe)

Dies ist der dritte Band mit Briefen, die die Welt bewegen. Diesmal steht Politik und Geschichte im Fokus. Nach einem kurzen Vorwort von Jürgen Gerdes, dem Konzernvorstand "Brief Deutsche Post DHL" und einer informativen Einleitung von Hellmuth Karasek, dem Herausgeber dieser Briefsammlung, hat man Gelegenheit bemerkenswerte Briefe unterschiedlicher Verfasser zu lesen. Unter diesen befinden sich Martin Luther, Bismarck, Königin Luise von Preußen, Helmuth James von Moltke, Willy Brandt, John F. Kennedy, Rudolf Augstein, Joschka Fischer und Peter Gauweiler.


Die Briefe sind teilweise handschriftlich, immer aber in Druckbuchstaben nachlesbar. Ferner hat man Gelegenheit Kurzbiografien der Briefeschreiber und der Empfänger dieser Briefe kennenzulernen und über die historischen bzw. politischen Hintergründe der Briefe Näheres in Erfahrung zu bringen. Schreiber und Empfänger sind übrigens durch Gemäldeabdrucke oder Fotos visualisiert. Autoren der die Briefe kommentierenden Texte und der Kurzbiografien sind die Redakteurin Sonja Wild und der Wirtschaftsjournalist Hans Pöllmann.

Es führt zu weit, im Rahmen der Rezension auf alle Briefe näher einzugehen. Hervorheben möchte ich eine Karte, die Ernst Georg Jünger am 25.7.1916 an seinen Sohn Ernst schrieb, der sich zu dieser Zeit an der Front befand. Der Brief ist erschreckend kühl gehalten, bedenkt man, dass der 21 jährige Sohn zu diesem Zeitpunkt Gefahr lief, jeden Moment erschossen zu werden.

Mich wundert, nachdem ich die Zeilen von Ernst Jüngers Vater gelesen habe, nicht mehr die Art und Weise wie Jünger den Krieg in "Stahlgewitter" beschrieb. Dieser Sohn musste gewissermaßen den 1. Weltkrieg als ästhetisches Naturereignis begreifen und konnte die Frage der Sinnhaftigkeit nicht stellen, wenn er, der nicht emanzipierte, brave Sohn seines Vaters bleiben und dessen Idealen die Ehre erweisen wollte. Das unterschied Ernst Jünger von Erich Maria Remarque, dem Verfasser von "Im Westen nichts Neues". Vielleicht sind die Werke und deren Betrachtungswinkel letztlich das Ergebnis unterschiedlicher Erziehungsideale ihrer Väter. Mir drängt sich der Verdacht jedenfalls auf. Nicht jeder Sohn schafft bereits in jungen Jahren die Emanzipation vom Vater. Mitunter bedarf es vieler Jahrzehnte. Ein weites Feld....

Extrem berührend sind die Briefe, den Helmuth James von Moltke an Freya von Moltke schrieb. Der Briefschreiber wurde von den Nazis nach dem missglückten Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 des Hochverrates angeklagt und am 23.1.1945 in Plötzensee hingerichtet. Mich wundert es nicht, dass in Terrorregimen es stets die besten Menschen sind, die hingerichtet werden. Sie bilden das Gewissen, dass es niederzuprügeln gilt.


Es führt zu weit, an dieser Stelle alle Briefe zu analysieren, obschon es mir beim Brief von Joschka Fischer an die Grünen, vom 30. Juli 1995 in den Fingern kribbelt. Auch einige andere Briefe eignen sich zur Grundlage langer Diskussionen, bis auf die "Emser Depesche vielleicht. Über die ist meines Erachtens schon genug geredet worden.

Interessant sind für mich die Handschriften. Sie sind überaus aufschlussreich, zeigen das seelische und geistige Befinden des Schreibers zum Zeitpunkt des Briefeschreibens.

Der handgeschriebene Brief Udo Lindenbergs an Erich Honecker vom 23.6.1987 hat mich belustigt. Dazu ist er auch noch lehrreich, denn er zeigt, wie man selbst mit Personen wie Honecker erfolgreich kommunizieren kann. Udo Lindenberg ist nicht nur ein großartiger Barde, sondern auch ein hervorragender Diplomat. Wer letzteres bezweifelt, sollte den Brief lesen.

Empfehlenswert.

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Rezension:Wiederworte: Gedichte (Gebundene Ausgabe)

Die Dichterin Ulla Hahn veröffentlichte vor 30 Jahren ihren ersten Lyrikband. Jetzt hat sie sich mit diesen Gedichten erneut auseinandergesetzt und stellt diesen lyrischen Texten, mit ihnen korrespondierende neue Gedichte gegenüber. Wie Hahn bereits zur Frankfurter Buchmesse 2011 auf dem sogenannten "blauen Sofa" kundtat und ich es nun abermals im Klappentext lesen kann, hat sie beim Studium der alten Gedichte entdeckt, dass ihr jüngeres poetisches Selbst ihr noch immer vertraut aber dennoch fremd sei. Sie gibt bei jedem neuen Gedicht, das jeweils einem alten gegenübergestellt ist, Wiederworte (nicht Widerworte), die man als Leser als geglückten Reflexionprozess wahrnimmt.

Hahn reflektiert in den neuen Gedichten also die alten Texte. Sie hat Abstand gewonnen, ist nachsichtig geworden. Man spürt, dass sie mit Klaus von Dohnanyi in einer guten Beziehung lebt, denn sie blickt ohne Bitterkeit auf vorangegangene Lieben, die ihr zuvor offenbar nicht selten Kummer bereitet haben und erinnert sich auch scheinbar sorgenloser Lieben, die nur einen Sommer lang andauerten, ohne eine Spur Wehmut. Jede neue Zeile beweist, dass sie mit der Vergangenheit abgeschlossen hat.

In allen Gedichten zeigt Hahn viel von ihrem Wesen. Ihre Sensibilität ist ihr geblieben, doch sie wirkt kopfgesteuerter als vor dreißig Jahren. Man entnimmt den Gedichten, dass die Dichterin in den letzten Jahrzehnten viel nachgedacht hat und viele gute Gespräche führen konnte. Das hat sie reifen lassen, natürlich auch sprachlich.

Vielleicht hat sie das nachstehende Gedicht dem Mann gewidmet, an dessen Seite sie so geworden ist, wie die neuen Gedichte es dokumentieren, selbstbewusst, selbstsicher und angstfrei, was ihre kommenden Jahre anbelangt.

Gibt es eine männliche Ästhetik

Du hältst deine
Handflächen mir
vor die Augen:
Schau hinein sagst du.
Sieh nur
wie schön du bist
in meinen
von deinem
Leib und Liebkosen
gegerbten Händen.

Berührende Gedichte, die ich gerne weiterempfehle.
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Rezension:Blütenträume: Die Liebe in Bildern und Gedichten (Gebundene Ausgabe)

Dieser schöne Bildband enthält Ablichtungen von Aquarellen des 2004 verstorbenen Künstlers Oskar Koller, der u.a. als Gastprofessor an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg tätig war. Der Künstler wurde vielfach ausgezeichnet und erhielt zahlreiche Auszeichnungen im In- und Ausland.

Neben den vielen farbenfreudigen Aquarellen, die in erster Linie Blumen zum Thema haben, enthält das Buch eine Fülle von Gedichten und auch kleine Prosatexte, die sich mit der Liebe und den Blumen als Zeichen dieses innigen Gefühls näher befassen.

Der Herausgeber Ulrich Mattejiet schreibt in seinem Vorwort, dass es die Blumen sind, die erotische Signale aussenden und durch ihre Farben und Düfte, eine ganz eigene Magie, die alle Menschen in ihren Bann zieht, aussendet. In allen Jahrhunderten haben die Dichter und Dichterinnen sich durch Blumen inspiriert gefunden, die elementare Kraft der Liebe zu besingen.

Die schönsten Gedichte und Prosatexte dieser Art kann man in diesem Buch nachlesen und sie in Beziehung zu den Aquarellen setzen. Die Texte stammen u.a. von Sappho, Catull, Erich Mühsam, Johann Wolfgang von Goethe, Kurt Tucholsky, Heinrich Heine, Hafis und vielen anderen mehr und sind in sieben Abschnitte untergliedert.
Da ich seit einigen Tagen mal wieder völlig von Goethe eingenommen bin, berührte mich das Eingangsgedicht (ich kannte es bislang nicht), das von Goethe stammt und das er einst seiner Jugendliebe Friederike Brion schrieb, besonders.

Kleine Blumen, kleine Blätter

Streuen mit leichter Hand

Gute Frühlingsgötter

Tändelnd auf ein luftig Band



Mädchen, das wie ich empfindet,

Reich mir deine liebe Hand!

Und das Band, das uns verbindet,

Sei kein schwaches Rosenband.

Um was es in den Gedichten geht, kann man den Untertiteln entnehmen: Biblische Überlieferung und antike Liebesdichtung, sehnsuchtsvolle Erwartung, Liebe, Lenz und Leidenschaft, Lieder auf die Königin der Blumen, Sommerfreuden und Sommerträume, unheimliche Liebesbegegnungen und verblühende Liebe.

Ist man im fortgeschrittenen Alter, schreibt man seiner oder seinem Liebsten freilich kein Gedicht wie es Goethe an Friederike einst schrieb, aber man kann durchaus Gefallen an den bunten Sommerblumen Oskar Kollers finden, die ein Ausdruck eines jugendlichen Liebesgefühls sind.
Das Gedicht, das mich von allen am meisten fasziniert hat, ist folgendes:

Erkennen

Das Ross führt an den Hüften

Ein eingebranntes Zeichen,

Und am gespitzten Hute

Mag man den Parther kennen.



Mit einem Blick, so will ich

Die Liebenden erkennen:

Ein zartes Mal ist ihnen

Gezeichnet in die Seele.

(Anakreontische Dichtung, siehe Seite 23)

Die Aquarelle im Buch sind so farbenprächtig, dass sie pausenlos für gute Laune sorgen, auch wenn nicht alle Gedichte es im gleichen Maße tun. Dichter sind nicht selten melancholisch und so sind es auch ihre Gedichte, nicht nur wenn Herbstblumen darin vorkommen.
Doch denken wir nicht an die verblühende Liebe, sondern lieber an die Liebe im Mai, an den Blütenregen, an die Blütenträume und an das blaue Band, das Mörike durch die Lüfte flattern lässt.

Ein gelungenes Buch.
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Rezension: Gedichte und Lieder (Gebundene Ausgabe)

Dieses Buch enthält Gedichte und Lieder des indischen Dichters und Philosophen Rabindranath Tagore (1861-1941). Er erhielt übrigens als erster Schriftsteller außerhalb des westlichen Kulturkreises den Literaturnobelpreis und zwar 1913.

Anhand einer Zeittafel, fast zum Ende des Buches, hat man Gelegenheit, sich einen Überblick über das Leben und Werk Tagores zu verschaffen, den man durch die dann folgende 12 seitige Einführung vertiefen kann. Hier liest man auch, dass der Dichter ein Leben in seiner ganzen Fülle erfahren hat und zwar das Glück eines harmonischen Familienlebens ebenso, wie die Trauer um seine frühverstorbene Gattin, die Höhen des Weltruhms und die Tragik, die eignen Kinder sterben zu sehen, die Freude vollkommene Gedichte und Lieder zu verfassen, zu reisen, mit den Großen der Welt im Briefkontrakt zu stehen, aber auch das Gefühl von Einsamkeit und Bedrückung in den letzten Lebensjahren, wie es in dem ein oder anderen Gedicht zum Ausdruck kommt, (vgl.: S.142).


Wissen sollte man, dass die Lyrik dieses Dichters aus dem Dreiklang Natur-Gott-Liebe besteht. Dies sind seine drei großen Themen, die einander beeinflussen und ineinander fließen, (vgl.: S.148).

Die Texte im Buch wurden, mit wenigen Ausnahmen, erstmals aus dem Bengalischen übersetzt. Sie sind chronologisch geordnet. Dem Gedicht- und Liederteil folgen viele Seiten mit erhellenden Anmerkungen.
Vorangestellt ist der Lyrik Tagores das Gedicht "Mir zur Feier" von Rilke. Die Verse des indischen Dichters Tagore sind sehr bildreich und lebensklug. In ihrer Tiefe gibt es Berührungspunkte zu vielen Versen Rilkes.

Die Gedichtsinhalte an dieser Stelle im Einzelnen zu analysieren, führt zu weit. Damit Sie wissen, was Sie erwartet, zitiere ich eines der Gedichte:
"Ich bin allein
Abend ist`s , ich bin allein

In Strömen fallen meine Tränen.

O Freund, kann es sein,

dass ich weine, nur ich?

Nein, auch deine Augen füllen sich.



Dir gehört tausendein Stern,

in deren Mitte wohnst Du, fern von mir, so fern.

Das kann ich nicht ertragen, niemals nie.

Ich hoffe, dass ich dich zu mir herunterzieh.

Denn bin ich allein, wirst auch du es sein."

Tagore spricht hier übrigens zu Krishna, (vgl.:S 124). Spricht man so mit seinem Gott?

Ich las dieser Tage eine Sentenz von Rousseau: "Nur in diesen Stunden der Einsamkeit ... bin ich ganz und gar ich selbst und gehöre mir allein; nur in diesen Stunden kann ich ehrlicherweise von mir behaupten zu sein, wie die Natur mich wollte" und denke, dass Menschen, die sich durch nichts aus der Seelenruhe bringen lassen und sich selbst genügen, die glücklichsten sind, weil sie ihre Einsamkeit, ihr Alleinsein genießen können, weil sie niemand, noch nicht einmal Gott, zu sich herunterziehen möchten. Das finde ich sehr sympathisch.
Empfehlenswert.


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Rezension:Liebesgedichte (insel taschenbuch) (Taschenbuch)

"Liebe ist Vision (...),"Das Verlangen erfindet sie, es schüren sie Fasten und Kasteiung,/ Eifersucht stachelt sie an, Gewohnheit tötet sie." (Octavio Paz)

Das vorliegende Buch enthält Liebesgedichte der lateinamerikanischen Schriftstellers, Diplomaten und Nobelpreisträgers Octavia Paz. Als Studentin hatte ich die Gelegenheit, gemeinsam mit einigen Kommilitonen und unserem argentinischen Professor diesen beeindruckenden Menschen in Mexiko-City kennenzulernen. Wir hielten uns damals an einem Nachmittag in seiner Bibliothek auf, die zugleich sein Arbeitszimmer war. Die Bibliothek war in einem Glaspavillon im Garten untergebracht. Traumhaft.

Seine schöne Frau, Marie José Tramini, eine Französin, die ich in der Wohnung ebenfalls kennenlernte, war, wie Werner Fritsch im Nachwort des Gedichtbandes schreibt, seine große Liebe, Muse und das Objekt seiner Minne.

Für mich ist es besonders interessant, nach dem damaligen Eindruck, nun diese Liebesgedichte zu lesen, denn mir fiel schon damals auf, dass das Paar auffallend liebevoll miteinander umging. Für beide schien das, was zwischen ihnen stattfand, die große Liebe gewesen zu sein. Fritsch berichtet, dass sich Octavio und Marie in Indien das erste Mal getroffen und sich in Paris wiedergesehen haben. Wenn das kein schöner Anfang einer Liebe ist, was dann?

Dies sind die ersten Gedichte von Paz, die ich gelesen habe. Ich kann bislang nur seine hocheloquenten Essays zur Geschichte, Politik, zur Literatur, zur bildenden Kunst und zur mexikanischen Kultur.

Die Gedichte sind solch schönen Oberzeilen untergliedert, wie:
-Meine Augen bedecken mich mit meinem warmen Regen von Blicken
-Im Garten der Liebkosungen
-Ich öffne die Lippen deiner Nacht
-Das Herz ist ein Auge

Alle Gedichte sind von Leidenschaft, Erotik und dem Traum von innigster Gemeinsamkeit durchdrungen. So vermag nur ein Lateinamerikaner zu schreiben, dem es bei aller Reflektionsfähigkeit nicht an einer romantischen Ader mangelt.

Wie bewegt in ihrem Innern ist eine Frau, deren Geliebter zu ihr sagt:

"Meine Augen entdecken dich

nackt

und bedeckten dich

mit einem warmen Regen

von Blicken" ?

Sehr kurze und längere Liebesgedichte wechseln einander ab und bestätigen das, was ich als junge Frau in den Augen dieses Dichters erblickte. Eine Seele, die Liebe schenken möchte und Gelegenheit hatte, dies auch zu tun, weil ihr das Glück zuteil wurde, ihr Pendant - ihr Herzens-Du - zu finden. Gibt es eine größere Gnade auf Erden?

Empfehlenswert.

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Rezension:Bücher lieb' ich über alles - Gedichte und Zitate über das Lesen (Gebundene Ausgabe)

Dieses kleine Büchlein enthält Gedichte und Sentenzen, in denen die Verfasser das Lesen nicht nur thematisieren, sondern auch ein wenig glorifizieren, was ich keineswegs negativ sehe. Im Gegenteil.

Das Bändchen enthält eine Reihe sehr hübscher Illustrationen, die das Buch, die Schrift, die Buchstaben und die Köpfe, die Texte entwickeln, zeigen.

Autoren der Gedichte und Sentenzen sind u.a. Rainer Maria Rilke, Eduard Mörike, Dante Alighierie, Marcel Prévost, Francesco Petrarca, Ludwig Feuerbach, Seneca, Joachim Ringelnatz, Friedrich Nietzsche, Joseph Eichendorff, Franz Kafka, Christian Morgenstern...

Am meisten spricht mir wohl Francesco Petrarca (1304-1374) aus dem Herzen. Ich erlaube mir seinen Text hier zu zitieren:

"Ich kann mich an Büchern nicht sättigen;
Und habe ihrer doch wohl mehr als genug.
Aber wie mit anderen Dingen geht es hier:
Erfolgreiches Suchen wird zum neuen
Ansporn der Habsucht.
Ist es doch etwas Einzigartiges um Bücher!
Gold, Silber, edle Steine, Purpurkleider,
marmorne Paläste, Bildtafeln, reiche
Äcker, prächtig geschmückte Pferde und
alles dergleichen, es sind nur stumme
Und oberflächliche Genüsse.
Bücher aber erfreuen uns im innersten
Herzen, sie reden mit uns, raten uns,
sind uns verbunden in lebendiger,
inniger Gemeinschaft."
(S.14)

Wenn Jorge Luis Borges (1899-1989) schreibt: "Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt", kommt dies meiner Vorstellung vom Garten Eden sehr nahe, nur das es dort nicht nur Bücher, sondern auch ein Vielzahl schöner Blumen gibt.

In diesem Büchlein sind so zahllose bemerkenswert kluge Gedanken über Bücher versammelt, dass es für Bücherliebhaber eine reine Freude ist, darin zu lesen. Ideal für die Jacken- oder Handtasche.

Empfehlenswert.

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Rezension:Ich schwör' es dir bei Amors Bogen - Shakespeares schönste Liebesgedichte (Gebundene Ausgabe)

Dieses Bändchen wird nicht nur jenen gefallen, die Shakespeare zu schätzen wissen, sondern auch all den Lesern, die schönen Liebesgedichten, Liebesdialogen und Sentenzen über die Liebe etwas abgewinnen können.

Das sehr hübsch illustrierte Büchlein, in dem Amor, Tränen, Vögel, eine Sphinx, eine Leier und Blumen in weinrotem und goldenem Farbton bildlich dargestellt sind, enthält Textstellen aus dem "Sommernachtstraum", aus "Romeo und Julia", aus "Troilus und Cressida", aus "Wie es euch gefällt", aus "Viel Lärm um nichts", aus "Das Wintermärchen", aus "Liebes Leid und Liebes Lust", aus "Venus und Adonis", aus "Der Kaufmann von Venedig", aus "Antonius und Kleopatra", aus "Maß für Maß", aus "Hamlet" und einige überaus berührende Sonette.

Vielleicht sind wir Menschen in heutiger Zeit schon lange nicht mehr in die Lage, so wortreich über die Liebe zu sprechen, wie es in gebildeten Kreisen zu Shakespeares Zeiten und auch später noch üblich war. Doch wie groß jedoch werden Frauenaugen, wenn sie ein kleines Billett von ihrem Geliebten erhalten auf denen die Worte wie diese stehen: "Ich will in deinem Herzen leben, in deinem Schoß sterben, in deinen Augen begraben werden..."(Zitat aus "Viel Lärm um nichts", V,2")?

Bei Liebesgedichten, die bei Shakespeare in die Form eines Sonetts gegossen sind, wirken Gefühle auf den ersten Blick vielleicht immer ein bisschen gebändigt. Je länger man sich allerdings in die Inhalte vertieft, um so spürbarer wird die Intensität des Liebesgefühls, das aus den Versen auf teilweise sehr eigenwillige Art nach außen dringt.

Beispiel: Sonett 43

"Klar seh`ich erst, wenn sich mein Auge schließt,
Das auf des Tages Bilder gern verzichtet,
Doch wenn in Träumen es dein Bild genießt,
Dann ist es hell in Finsternis gerichtet.

Dein Schatten schon verklärt die dunkle Nacht,
Wie würdest Du mich leibhaft erst beglücken,
Am hellen Tag mit deiner hellern Pracht,
Wenn schon dein Abglanz kann entzücken!

Oh, dürft ich am lebend`gen Tag dich schauen,
Mein Auge wäre gnadenreich begabt,
Wenn schon dein Umriss in der Nächte Grauen,
Mit holdem Schein geschlossne Augen labt!

Nacht ist der Tag, der mir dein Bild entzieht,
Und Tag die Nacht, die dich im Traume sieht."

(Nachlesbar auf Seite 14.)


Die Auswahl an Liebesgedanken von Shakespeare ist in diesem Bändchen wirklich gelungen.

Empfehlenswert.

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Rezension:Goethe/Schiller Der Briefwechsel: Eine Auswahl (Broschiert)

"Es ist mir sehr lieb zu hören, dass ich Ihnen meine Gedanken über jene zwei Punkte habe klar machen können und dass Sie Rücksicht darauf nehmen wollen. Dass, was Sie Ihren realistischen Tic nennen, sollen Sie dabei gar nicht verleugnen. Auch das gehört zu Ihrer poetischen Individualität und in den Grenzen von dieser müssen Sie ja bleiben, alle Schönheit in dem Werke muss Ihre Schönheit bleiben."(Auszug aus einem Brief von Schiller an Goethe, vom 9 - 11. Juli 1796), siehe S. 139) Diese Sätze sind ein Beispiel für Respekt und Toleranz, die so manchem Intellektuellen ein Lehrbeispiel im Umgang mit den geistigen Produkten seiner Kollegen sein könnten. Finden Sie nicht auch?

Der Philosoph Dr. Rüdiger Safranski ist der Herausgeber dieser Auswahl des Briefwechsels zwischen Goethe und Schiller. Er auch hat das umfangreiche und erhellende Vorwort verfasst, in das man sich zwingend vertiefen sollte, um die Beziehung der beiden Briefschreiber besser zu verstehen.
Bei den Briefen handelt es sich um solche aus den Jahren von 1794 bis 1805.

Safranski berichtet eingangs wie mühsam sich die Freundschaft zwischen diesen beiden Geistesgrößen entwickelte und er fragt ein wenig ketzerisch gleich zu Beginn: "War es wirklich Freundschaft, was Goethe und Schiller vom Sommer 1794 an bis zu Schillers Tod am 9. Mai 1805 miteinander verband?" (Zitat: S.7).

Mich hat nie wirklich interessiert, ob die die Beziehung, die Goethe oder Schiller miteinander pflegten, wirklich Freundschaft war, sondern immer nur, wie sehr die beiden durch ihre Beziehung in ihrem Tun beeinflusst wurden. Goethe schrieb an Herders Sohn- Safranski lässt es uns wissen -,dass es besser wäre, wenn man sich mit Freunden "nur von einer Seite verbände, von der sie wirklich mit uns harmonieren und ihr übriges Wesen weiter nicht in Anspruch nähmen", (vgl. Seite 8/9). Eine typische Aussage für den alten Pragmatiker und Nützlichkeitsdenker Goethe, (das meine ich keineswegs negativ). Beziehungen sollten beiden etwas bringen und das tun sie dann, wenn man die Berührungspunkte kreativ nützt und sich nicht in idiotischen Grabenkämpfe aufreibt, die sich oftmals dort einstellen, wo Gegensätzliches aufeinander trifft.

Wenn zwei Alphatiere am gleichen Ort leben, können sie sich bekriegen - dann aber sind sie töricht - oder wie Goethe und Schiller es taten aufeinander zu gehen und ihre Fähigkeiten für eine höhere Sache in eine gemeinsame Waagschale werfen. Safranski analysiert zu recht, dass die beiden sich halfen, ihre eigenen Möglichkeiten zu entfalten und genau dies kann man den vorliegenden Briefen entnehmen. "Man wollte sich nicht einander angleichen, sondern jeweils das eigene in Bestform bringen", (Zitat Safranski: S.9). Nicht uninteressant, dass Schiller die Beziehung zu Goethe als ein "auf wechselseitige Perfektibilität gebautes Verhältnis" beschrieb. Die beiden Dichter waren sich also einig, wohin die Reise ihrer "freundschaftlichen Beziehung" hingehen sollte. Dass Schillers Gemahlin mit Goethes gesellschaftlich unpassender Lebensgefährtin gewisse Probleme hatte, ist dabei unerheblich.

In den Briefen erfährt man von dem intellektuell fruchtbaren Miteinander der beiden großen Dichter, die den Lesern zeigen, wie viel Kreatives sich aus einer guten intellektuellen Beziehungen ergeben kann, auch wenn man ideologisch nicht immer einer Meinung ist und sich zudem im Wesen sogar sehr voneinander unterschiedet. Der gute Wille, voneinander zu lernen und sein Ego nicht im Vordergrund zu sehen, macht es möglich, dass sich produktive Kräfte potenzieren, wie dieses Weimarer Beispiel zeigt.

Von Goethe und Schiller zu lernen, heißt sich zu bemühen, klug zu werden. Das kann nicht das Schlechteste sein, oder ?
Empfehlenswert.


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Rezension: Ich träum' von meinem Garten - Poetische Blicke ins Grüne: Dichter und ihre Blicke ins Grüne (Gebundene Ausgabe)

Dieses Buch bestätigt, was all diejenigen wissen, die sich an den kleinen Paradiesen erfreuen können, die den Namen Garten tragen. Wer kleine Kinder im Garten beobachtet, kann sehen wie glücklich sie inmitten der Blütenpracht sind. Gärten regen zur Poesie in. Dichter in allen Jahrhunderten haben Blumen besungen und Gedichte aber auch kleine poetische Prosatexte, die die Stimmungen der Jahreszeiten wiedergeben, zu Papier gebracht.

Die Texte und die Gedichte im Buch sind mit Blumen- aber auch Schmetterlingsillustrationen hübsch gestaltet, die Abbildungen aus Beständen der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart zeigen.
Das Buch ist thematisch untergliedert in:

Gärten der Träume und Erinnerung
Gärten der Freude
Verzauberte Gärten
Gärten der Liebe
Gärtnerglück

Zu den Autoren zählen Homer, Plinius der Jüngere, Giovanni Boccaccio, Paul Gerhard, Joseph von Eichendorff, Max Dauthendey, Oscar Wilde, Rainer Maria Rilke, Johann Wolfgang von Goethe, Hermann Hesse und Elisabeth von Arnim.

Wer sich mit Goethe ein wenig beschäftigt hat, kennt dessen Liebe zum Garten. Gleich zu Beginn der Buches ist ein Textauszug aus einem Brief, den er am 7. 4.1789 in Palermo verfasst hat, abgedruckt, in dem er sich für Farben, Formen aber vor allem für den Duft eines öffentlichen Gartens dort begeistert. Zur Veranschaulichung zitiere ich eine kleine Passage: "Was aber dem Ganzen die wundersamste Anmut verlieh, war ein starker Duft, der sich über alles gleichförmig verbreitete, mit so merklicher Wirkung, dass die Gegenstände, auch nur einige Schritte hintereinander entfernt, sich entschiedener hellbau voneinander absetzten, so dass ihre eigentümliche Farbe zuletzt verlorenging oder wenigstens sehr überbläut sie sich dem Auge darstellten..."(S.10).

Plinus der Jüngere schreibt von seinem laurentinischen Gut, das ihm große Freude bereitet, von Freude schreibt auch Paul Gerhard in seinem zauberhaften Lied "Geh aus, mein Herz" und Elisabeth von Arnim beginnt einen kleinen Text mit den Worten "Ach, ich könnte vor Freude jauchzen und tanzen, dass der Frühling da ist. Dieses Wiedererwachen von Schönheit in meinem Garten und heller Zuversicht in meinem Herzen..."(S.52).

Helle Zuversicht im Herzen ist genau das, was ein schöner Garten auslöst und uns Sorgen, die jeder ab und an hat, für eine kurze Weile vergessen lässt.

Bei den vielen poetischen Texten fand ich einen, den ich hier wiedergeben möchte, weil er auf ganz wundervolle Weise deutlich macht, wie entspannend Momente sind, die man hellwach und bewusst in einem irdischen Paradies verbringen kann, wenn man sich ihm öffnet und trennende Mauern gedanklich zum Einsturz bringt.

Hinter hohen Mauern

Hinter hohen Mauern
hinter mir
liegt ein Paradies

Grüne, glitzernde Stachelbeersträucher,
eine Strohbude
und Bäume mit Glaskirschen

Niemand weiß von ihm.
An einem Halm
Klettert ein Marienkäferchen,
plumps, und fällt in goldgelbe Butterblumen.

Hilfreich neigen die Tausendschönchen,
Stiefmütterchen machen ein böses Gesicht.

Verschollen
Glänzen die Beete!
(Arno Holz)

Eines der ersten Gedichte, das ich in der Schule auswendig lernte- am Anfang der 3. Klasse, soweit ich mich erinnern kann, war Fontanes "Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland"( S.46). Dieses Gedicht veränderte damals meine Einstellung zum Tod. Er hatte nichts mehr Furchteinflößendes. Wenn ich mit meiner Mutter zum Friedhof ging, um die Gräber meines verstorbenen Bruders und meines Urgroßvaters zu gießen, lebten alle Toten auf dem Gottesacker von da an in den Blumen auf den Gräbern und je intensiver die Pracht war, umso mehr hatte ich das Gefühl, dass es den Verstorbenenen gut ging.

Vertiefen Sie sich bitte einen Moment lang in folgende Gedichtzeilen von Max Dautheney:

"Die Schmetterlinge ziehen durch den Garten,
wie Blumen, die von ihren Stengeln fliehen..."

Was empfinden Sie, wenn sie sich das Geschehen bildlich vorstellen? Glück? Freiheit? Sehnsucht?

Ein Buch, das ich gerne empfehle.


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Rezension:Frankfurter Anthologie 34: Gedichte und Interpretationen (Gebundene Ausgabe)

Siegfried Lenz schreibt: "Am 15. Juni 1974 startete Marcel Reich-Ranicki ein in der Literaturgeschichte einmaliges Unternehmen: Unter dem Motto "Der Dichtung eine Gasse" stellt er seitdem in jeder Samstagsausgabe der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" Gedichte aus sämtlichen Epochen deutscher Lyrik vor, jedes erläutert von einem namhaften Interpreten..."

Das vorliegende Buch enthält eine Auswahl solcher Gedichte und bemerkenswerter Interpretationen namhafter Intellektueller wie Peter von Matt, Eva Demski, Ulrich Greiner, Hans-Ulrich Treichel, Uwe Wittstock, Michael Braun und vielen anderen mehr.

Die ausgewählten Gedichte stammen von  Lyrikern wie Christian Hofmann von Hofmannswaldau, Johann Wolfgang Goethe, Novalis, Heinrich Heine, Nikolaus Lenau, Detlev Liliencron, Else Lasker -Schüler, Rainer Maria Rilke, Gottfried Benn, Kurt Tucholsky, Berthold Brecht, Paul Celan, Ingeborg Bachmann, Mascha Kaléko, Durs Grünbein, um nur einige zu nennen.

Die Gedichtinterpretationen habe ich mit dem gleichen Genuss gelesen, wie die Gedichte selbst und mich gefreut, auf welche Weise sich die einzelnen Intellektuellen in die jeweiligen Gedichte hineingespürt haben. Poesie ist ja immer auch eine Sache des Gefühls, des Herzens, der Seele. Allzu verkopftes Herangehen macht eine gute Interpretation sofort unmöglich.

Die beiden Gedichte, die mir am besten gefallen haben, möchte ich hier wiedergeben, damit Sie erahnen, was Sie im Buch erwartet. Wie ich finde gehören diese beiden Gedichte in gewisser Weise zusammen. Sie könnten beinahe aus einer Feder stammen oder einen Dialog darstellen zwischen zwei Liebenden, die sich in unterschiedlichen Leben immer wieder lieben und "einander irren". Dabei fallen mir zwei Zeilen aus einem Gedicht Goethes ein, das allerdings im vorliegenden Band nicht enthalten ist: "Ach du warst in abgelebten Zeiten/ Meine Schwester oder meine Frau."

Von Goethe stammt übrigens das erste von mir ausgewählte Gedicht.
Er
Gedenkst du noch der Stunden
Wo eins zum andern drang

Sie
Wenn ich dich nicht gefunden
War mir der Tag so lang

Er
Dann, herrlich! Ein Selbander!
Wie es mich doch erfreut.

Sie
Wir irrten uns einander:
Es war eine schöne Zeit.
(Johann Wolfgang Goethe)

Michael Braun resümiert zu Recht, dass das Gedicht ein Gedenkblatt vom Schicksal der Liebe sei.

Das zweite Gedicht, das ich ausgewählt habe, stammt vom Mascha Kaléko, aber es könnte rein fiktiv auch von Charlotte von Stein stammen, die im dritten Leben an der Seite Goethes, erneut erkennen muss, dass sie und Goethe sich abermals "einander irrten", es jedoch zu schmerzen aufgehört hat. Charlotte weiß jetzt, dass sie nicht mehr an Goethe sterben wird. Nie mehr. In keinem ihrer zukünftigen Leben als Mascha, Sarah oder Rosa.

Das berühmte Gefühl
Als ich zum ersten Male starb
-Ich weiß noch, wie es war.
Ich starb so ganz für mich und still,
Das war zu Hamburg, im April,
Und ich war achtzehn Jahr.

Und als ich starb zum zweiten Mal,
Das sterben tat so weh.
Gar wenig hinterließ ich dir:
Mein klopfend Herz vor deiner Tür,
Die Fußspur rot im Schnee.

Doch als ich starb zum dritten Mal,
Da schmerzte es nicht sehr.
So altvertraut wie Bett und Brot
Und Kleid und Schuh war mir der Tod.
Nun sterbe ich nicht mehr.
(Mascha Kaléko)

Ich bin mir nicht sicher, dass, wie Treichel vermutet, das, was uns nicht umbringt, kalt oder stark macht. Ich denke eher es macht uns zurückhaltender. Wir lernen den Schmerz zu meiden und scheuen, diejenigen instinktiv, die ihn einst ausgelöst haben. Wir lernen ein Leben unter der Glasglocke zu schätzen und meiden das alte Herzens-Du, um sich nicht erneut "einander zu irren", um den ewigen Kreislauf "werde und stirb" und zu beenden.

Empfehlenswert.

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Rezension: Große Briefe der Freundschaft

Karin Maier hat nun den 3. Band mit Briefen großer Persönlichkeiten herausgegeben. Diesmal sind es keine Liebesbriefe, sondern es handelt sich um Briefe der Freundschaft. Maier setzt den ausgesuchten Briefen, darunter befinden sich Briefe aus dem Briefwechsel zwischen Luther und Melanchthon, Briefe von Friedrich dem Großen an Voltaire, von Goethe und Schiller, von George Sand und Gustave Flaubert, von Liszt an Wagner, von Manet an Mallarmé, von Van Gogh an Gauguin und auch von Wagner und Ludwig II. von Bayern ein erhellendes, unbedingt lesenswertes Vorwort voran. 


Sie skizziert vor dem jeweiligen Briefwechsel stets die Beziehung der Schreiber zueinander, lässt dabei nicht unerwähnt, dass die Beziehung zwischen Friedrich dem Großen und Voltaire nicht konfliktfrei verlief, dennoch dauerte die Freundschaft immerhin 40 Jahre an. Das aber ist normal für wirklich gute Freundschaften, die, sofern sie Konfliktzeiten überdauern, sich immer mehr vertiefen. Mich hat die Frische und Aufrichtigkeit des Briefes von Friedrich an Voltaire vom 8.8.1736 begeistert:"Habe ich auch nicht das Glück, sie persönlich zu kennen, so sind Sie mir doch durch ihre Werke bekannt genug. Das sind Geistesschätze, wenn der Ausdruck erlaubt ist, Kunstwerke, die mit so viel Geschmack und Feinheit gebildet sind, dass ihre Schönheit sich bei jeder Lektüre in neuem Licht zeigen..."(Zitat. Seite 30). So schreibt der Jüngere an den Älteren..., so beginnt eine Freundschaft. Dem Freund vertraut er 40 Jahre später an: "Es ist noch immer meine Gewohnheit, mich nicht zu schonen. Je mehr man sich verwöhnt, umso empfindlicher und kraftloser wird man. Mein Beruf fordert Arbeit und Tätigkeit; Körper und Geist müssen sich der Pflicht unterordnen. Es ist nicht nötig, dass ich lebe, aber wohl, dass ich handele..."(Zitat.: S.42). Preußisch-protestantisches Arbeitsethos trifft auf französisch freien Geist und geht eine Freundschaft mit ihm ein, die sich nachweisbar unendlich befruchtet hat. Solche Zeugnisse nach bald 300 Jahren entgegengebracht zu bekommen, erfreut mich als Leserin und bestätigt meine Annahme, dass zwischen zwei Menschen mit analogem intellektuellen Niveau langandauernden Beziehungen immer möglich sind, sofern sich beide frei machen von persönlichen Eitelkeiten.


Die ausgewählten Briefe zwischen Goethe und Schiller habe ich mit großem Genuss gelesen. Goethe ist wie immer reichlich unterkühlt, Schiller wie immer voller Emotion: "Ich kann mich gar nicht daran gewöhnen, Ihnen acht Tage nichts zu sagen und nichts von Ihnen zu hören..."(Zitat, Schiller, Brief vom 13.9.1795, S.100). Die leichte sprachliche Unterkühlung des Frankfurters sagt nichts über die Beziehung Goethes zu Schiller aus. Goethe war immer so. Er schätze Schiller mehr als er sprachlich zum Ausdruck brachte.


Bei den Briefen zwischen Wagner und Ludwig von Bayern kommt mir sofort die Galle. Wagner war ein fürchterlicher Heuchler, der die Emotion des Bayernkönigs schamlos ausnutzte.


Was können wir aus den Briefen lernen? Das- wir wissen es ohnehin bereits- man mit Worten lügen kann, weit mehr als mit Gesten. Das macht Brieffreundschaften (auch Mailfreundschaften übrigens) so schwierig. Es entsteht mit der Zeit eine Nähe, von der wir nicht wissen, ob sie tatsächlich vorhanden ist oder nur ein Trugbild, ein Wunsch nach Freundschaft oder Liebe erfüllen soll.


Ich mag die Leichtigkeit des Briefwechsels zwischen George Sand und Flaubert. Sie beginnt ihre Briefe an Flaubert mit den Worten "Lieber alter Troubadour..", schon hier ahnt man den Esprit, der zwischen den Schreibern hin und- herpendelt und liest von der erfrischenden Neugierde "Erzähl mir doch, was Du in Paris so treibst, was Du siehst, was Du denkst...(George Sand, 23. Juli 1871, Zitat: S. 132).

Eine vortreffliche Briefauswahl. Empfehlenswert.

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Rezension: Briefe bewegen die Welt- Hellmuth Karasek

"Briefe bewegen die Welt" ist das zweite Buch der Herausgebers Hellmuth Karaseks, das Briefe namhafter Persönlichkeiten vorstellt. Diesmal sind es 22 Briefe, aus denen Liebe, Schicksal und Leidenschaft zu entnehmen sind, wie der Klappentext es zumindest verspricht.

Nach einem Vorwort von Jürgen Gerdes, dem Konzernvorstand "Brief Deutsche Post DHL", reflektiert Karasek in der Einleitung das Wesen von Briefen, die - nicht nur für ihn - neben Tagebüchern, die persönlichsten und privatesten Äußerungen und Entäußerungen von Menschen sind, welche sie schriftlich zum Ausdruck zu bringen vermögen.

Karasek schreibt an einer Stelle seines Vorwortes sehr zutreffend: "Briefe enthalten oft Wahrheiten, die für zwei bestimmt sind und die festhalten, was längst nicht mehr wahr sein muss." Genau diese Tatsache lässt mich stets nur zögerlich in Büchern veröffentlichte Briefe lesen, weil ich das Gefühl habe, etwas Unrechtes zu tun, wenn ich ohne Einverständnis der Schreiber mich der Texte bemächtige.

Unveröffentlichte Briefe Dritter würde ich niemals lesen, auch beim Lesen der Briefe hier in diesem Buch bleibt ein schaler Beigeschmack. Namhafte Persönlichkeiten müssen davon ausgehen, dass nach ihrem Tode ihr Briefwechsel veröffentlicht wird, sofern sie Gegenteiliges nicht schriftlich niederlegen. Insofern kann man ein wie auch immer geartetes Einverständnis mithin voraussetzen, beruhige ich mich. Ganz wohl ist mir nicht dabei.

Karasek veröffentlicht im Vorwort einen Brief an seine Eltern und erläutert diesen. So privat wie dieser Brief vordergründig erscheint, ist er allerdings nicht, denn es handelt sich um einen "Persilschein", der seine Eltern exkulpieren sollte, weil er, damals als junger Student, in den Westen geflüchtet ist. Karasek treibt also mithin keinen Verrat an seinen lange verstorbenen Eltern.

Jeweils eine Seite jedes einzelnen Briefes ist auch handschriftlich abgedruckt. Das gefällt mir sehr gut, weil mir die Schrift mehr über die Persönlichkeit des Schreibers verrät als die niedergeschriebenen Worte. Den Inhalt der einzelnen Briefe kann man dann in der Folge lesen. Ferner erhält man Informationen über die Beziehung des Absenders und Empfängers. Kurzbiographien von Absender und Empfänger sind auch vorhanden und Fotos ebenfalls.

Mich haben die Liebesbriefe am meisten berührt und hier vor allem der Brief Ingeborg Bachmanns an Paul Celan. Bachmann ist voller Rücksichtnahme im Hinblick auf die Ehefrau Celans. "Du darfst sie und Euer Kind nicht verlassen" (...) und im gleichen Brief (...) "Wenn Du Ende November kommen könntest. Ich wünsche es mir", (Zitat: S.: 17). Diese Zerrissenheit zwischen Verantwortung gegenüber anderen Menschen und der Liebe zu einer Person, die man sich besser aus dem Herzen reißen sollte, berührt mich außerordentlich.

Ganz anders schreibt Marlene Dietrich an Erich Maria Remarque (...) "Ich schreibe Dir, weil ich akute Sehnsucht nach Dir habe - nicht die, die ich sonst habe." (Zitat: S.25). So schreibt eine sehr selbstbewusste Frau, die sich ihrer Sinnlichkeit und ihrer Anziehungskraft völlig bewusst ist und offenbar ausspricht, was sie fühlt. Sehr gut wird die Beziehung zwischen den beiden Emigranten erläutert. Die Beziehung soll stürmisch aber schwierig gewesen sein. Mein Eindruck ist, dass die beiden vortrefflich zueinander gepasst haben, weil sie aus gleichem Holz waren.
Heines Brief an seine Mutter zeigt durch wenige Worte, wie sehr er sie liebte.

Um tatsächliche Liebe oder Zuneigung werden bekanntnermaßen selten viele Worte gemacht, deshalb auch hat mich der schlichte Brief, den Jimi Hendrix an Uschi Obermaier schrieb, sehr berührt. "Aber die Gedanken an Dich sind sehr lebendig. Und vielleicht auch die Gefühle. Sogar meinen eigenen Gefühlen zu trauen, fällt mir schwer. Ständig werde ich verletzt. Aber bei Dir spüre ich etwas Echtes" (...) und weiter(...) "Ich wünschte, ich hätte mit Deinen Freunden bei Dir im Haus mehr gesprochen. Aber ich wusste nicht, was ich sagen sollte - Ich mag sie." (Zitat: Seite 105).
Hier schreibt ein sehr sensibler Mann, der fühlt, dass die schöne Frau, in die er sich verliebt hat, es ehrlich mit ihm meint und er will ihr sagen, dass er sie in seiner Gesamtheit mit ihren Freunden akzeptiert und nicht nur ihren Körper, wenn er von seiner Zuneigung spricht.

Jeder einzelne der im Buch ausgewählten Briefe ist sehr aussagestark, vielleicht hat mich der Brief von Claudia Kotter an Jürgen Vogel und die damit einhergehende Geschichte am nachhaltigsten beeindruckt, weil hier deutlich wird, wie sehr Menschen einander wirklich helfen können, wenn sie empathiefähig sind.
Empfehlenswert.
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Rezension: Die schönsten Frühlingsgedichte

In unserer virtuellen Welt spielen die Jahreszeiten für viele Menschen emotional betrachtet nur noch eine sekundäre Rolle. Frühlingsgefühle werden als Kitsch abgetan, alles Bunte wird in dieser Welt müde und "cool" belächelt, für die eine Dichterin wie Else Laske-Schüler mit ihren Gedanken so fremd ist wie ein ferner Stern.

Maienregen

Du hast deine warme Seele
Um mein verwittertes Herz geschlungen,
und all seine dunklen Töne
Sind wie ferner Donner verklungen

Aber es kann nicht mehr jauchzen
Mit seiner wilden Wunde,
Und wunschlos in deinem Arme
Liegt mein Mund auf deinem Munde

Und ich höre dich leise weinen,
Und es ist- die Nacht bewegt sich kaum-
Als fiele ein Mairegen
auf meinen greisen Traum.
(siehe S. 198)

Lassen Sie den Text ein paar Minuten auf sich wirken. Kennen Sie solche Gefühle?


Das ist eines der vielen Frühlingsgedichte in diesem Buch, welches der Herausgeber Michael Adrian in folgende Kapitel untergliedert hat:

1. Die linden Lüfte sind erwacht
2. Die Welt, ein Frühlingstraum
3. Es liebt sich so lieblich im Lenze
4. Es ist die Nachtigall die ganz lange gesungen
5. Es ist ein tiefes Frühlingsschauern als wie ein Auferstehungstag
6. Lustig leuchtet der Mai
7. Doch lächelnd stirbt der holde Lenz dahin

Die ausgewählten, rund 150 Gedichte sind von namhaften Dichtern verfasst worden. Zu diesen gehören u.a.: Johann Wolfgang von Goethe, Joseph von Eichendorf, Theodor Fontane, Clemens von Brentano, Nikolaus Lenau, Ludwig Uhland, Matthias Claudius, Novalis, Rainer Maria Rilke, Heinrich Heine, Karl Krolow, Mascha Kaléko und andere mehr.

Allen Dichtern gemeinsam ist, dass sie die emotionale Beschwingtheit, die sich bei poesiebegabten Menschen dann, wenn die Natur erwacht, nicht selten mit Melancholie mischt und allgemein als Frühlingsgefühl bezeichnet wird, sprachlich exzellent zum Ausdruck bringen können.

Heinrich Heine bringt dies in einem Vers eines seiner Frühlingsgedichte sehr schön auf den Punkt:

"Mein Herz, mein Herz ist traurig,
Doch lustig leuchtet der Mai;
Ich stehe, gelehnt an der Linde,
Hoch auf der alten Bastei."
(siehe S. 193)

Die vielen Gedichte im Rahmen einer Rezension zu interpretieren, ist nicht möglich und es wäre vermessen eines der Gedichte zum schönsten Gedicht des Buches zu küren, denn jedes ist auf seine Art ein kleines Meisterwerk.

Nicht in alle sprachlich zum Ausdruck gebrachten Seelenbilder der im Buch veröffentlichten Dichter kann ich mich in gleicher Weise einfühlen. Heinrich Heine löst sofort Resonanz bei mir aus. Vielleicht geht es Ihnen ja ähnlich:


In meiner Erinnerung
Die Bilder, die längst verwittert-
Was ist in deiner Stimme,
Das mich so tief erschüttert?

Sag nicht, dass du mich liebst!
Ich weiß, das Schönste auf Erden,
Der Frühling und die Liebe.
Es muss zu Schanden werden.

Sag nicht, das du mich liebst!
Und küsse nur und schweige
Und lächle, wenn ich dir morgen
Die welken Rosen zeige.
(siehe S. 108)
Dieses Buch empfehle ich sehr gerne.

PS: Zu Ende des Buches sind die Nachweise der einzelnen Gedichte aufgelistet.

Rezension: Mit Ringelnatz ans Meer

Der Lyriker Joachim Ringelnatz (7.8.1883- 17.11.1934) war u.a. Schiffsjunge und Matrose. Vor allem in München und Berlin trug er als Kabarettist seine eigenen, aus Absurdem und Tiefsinn, antibürgerlichem Protest, Groteske und Satire gemischten Gedichte im Moritaten- und Bänkelsangton vor.

Das Gedichtsbändchen enthält 25 seiner Gedichte, die Lust aufs Meer machen sollen. Diese Gedichte werden von Meer- und Strandfotos begleitet, auf denen u.a. Segelschiffe, ein hübsches Panoramabild von Hiddensee, ein Strandkorb, auf dem eine Möwe thront, eine lesende, barocke Strandschönheit, ein Seepferdchen, ein Leuchtturm, aber auch Kinder zu sehen sind. Die Bilder korrespondieren mit den Gedichten, die all jene, die Ringelnatz-Gedichte noch nicht kennen, gewiss neugierig auf diesen Lyriker machen.

Tiefsinn lässt der letzte Vers seines Gedichtes Segelschiffe erkennen: "Es rauscht wie Freiheit. Es riecht wie die Welt./Natur gewordene Planken/Sind Segelschiffe.- Ihr Anblick erhellt/Und weitet unsere Gedanken" (S.4). Sein Gedicht "Kindersand" finde ich ebenfalls sehr nachdenklich. Seine Verse, die den Seemann Kuttel Daddeldu thematisieren sind ämüsant.

Von den 25 Gedichten möchte ich das Gedicht mit dem Titel "Seepferdchen" wiedergeben, weil ich es für besonders phantasievoll halte und weil ich meine, dass es viel über den Menschen, der es verfasste, zum Ausdruck bringt.
Seepferdchen

Als ich noch ein Seepferdchen war,
Im vorigen Leben,
Wie war das wonnig, wunderbar
Unter Wasser zu schweben.
In den träumenden Fluten
Wogte, wie Güte, das Haar
Der zierlichsten aller Seestuten,
Die meine Geliebte war.
Wir senkten uns still oder stiegen,
tanzten harmonisch umeinand,
Ohne Arm, ohne Bein, ohne Hand,
Wie Wolken sich in Wolken wiegen.
Sie spielte manchmal graziöses Entfliehn,
Auf dass ich ihr folge, sie hasche,
Und legte mir einmal im Ansichziehn
Eierchen in die Tasche.
Sie blickte traurig und stellt sich froh,
Schnappte nach einem Wasserfloh,
Und ringelte sich
An einem Stängelchen fest und sprach so:
Ich liebe dich!
Du wieherst nicht, du äpfelst nicht,
Du trägst ein farbloses Panzerkleid
Und hast ein bekümmerstes altes Leid.
Seetütchen! Schnörkelchen, Ringelnass!
Wann war wohl das?
Und wer bedauert wohl später meine restlichen Knochen?
Es ist beinahe so, dass ich weine-
Lollo hat das vertrocknete, kleine
Schmerzverkrümmte Seepferd zerbrochen.


Empfehlenswert.


Bild: ©TunavB