Die russische Lyrikerin Anna Achmatowa (23.6.1889- 5.3.1966) gilt als die wichtigste Vertreterin der Akmeisten, deren Stil von zarter Empfindung und lakonisch knapper, scheinbar distanzierter Darstellung geprägt ist. 1911 präsentierte sie im Salon von Wjatschelaw Iwanow in Petersburg erstmals einem größeren Kreis ihre Gedichte und erntete dafür Anerkennung. Achmatowas erster Lyrikband "Der Abend" war recht schnell ausverkauft.
Gemeinsam mit Gumiljow, Ossip Mandelstam, Michail Senkewitsch und Wladimir Narbut begründete sie die Richtung des Akmeismus. Beabsichtigt wurde, sich von der ornamentalen Fülle des Symbolismus zu lösen und sich einer strengeren, reineren Lyrik zu verschreiben. In ihrer frühen Lyrik erzählen ihre Gedichte häufig kurze Geschichten. Lyrisiert werden nicht selten Liebeskummer und Eifersucht. Oftmals stellt sie Fragen, geht Rätseln nach oder klagt das Schicksal an.
Achmatowa begründet ihren frühen Ruhm damit, dass sie sich in verschiedene Figuren hineindenkt. Später wird es ihr gelingen sich in die Rolle des "Gedächtnisses Russlands" hineinzudichten. Als sie sich nach ihrer gescheitertern Ehe 1915 in den Offizier Boris Anrep verliebt, widmet sie diesem zahlreiche Liebesgedichte, die unter dem Leitmotiv "Trennung" stehen.
Zwischen 1922 und 1940 erscheinen nur wenige Gedichte von der Lyrikerin. In den letzten Jahrzehnten ihres Lebens ändert sie die Thematik. Nun steht nicht mehr die Liebe, sondern, wie eingangs bereits erwähnt, die Erinnerung an die Vergangenheit im Vordergrund. Die russische Revolution führte dazu, dass der schönere Teil von Annas Leben beendet wurde. Von da an war ihre Wohnsituation stets instabil. Eine Zeitlang lebte sie im Haus ihrer Freundin Nadesha Mandelstam, der Frau des Dichters Ossip Mandelstam.
Im Oktober 1945 lernte sie den britischen Diplomaten Sir Isaiah Berlin in Leningrad kennen. Die Liebesgedichte, die sie ihm widmete, zählen zu dem Schönsten, was Lyrik überhaupt leisten kann. Aufgrund dieser Beziehung wurde die Dichterin von Stalin aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossen. Dadurch verlor Achmatowa ihre Arbeitsmöglichkeit. Fünf Jahre nach Stalin Tod erstrahlte allerdings ihr Stern abermals. Nun konnte sie internationale Ehrungen entgegennehmen. 1964 wurde sie mit dem Ätna-Taormina-Preis in Italien ausgezeichnet.
1965 erhielt sie die Ehrendoktorwürde in Oxford.
Um einen Eindruck vom lyrischen Können Anna Achmatowas zu vermitteln, habe ich folgendes Gedicht ausgewählt:
Cinque
"Autant que toi sans doute il te sera fidele
Et constant jusques a la mort."
Charles Baudelaire
Wie am Rande der Wolke dort,
denk ich immer noch an dein Wort,
und mein Wort hat dir die Nacht,
zum leuchtenden Tag gemacht.
Wir standen der Erde so fern,
als wär jeder von uns ein Stern.
Nicht schüchtern und nicht entsetzt,
weder damals, noch später, noch jetzt.
Aber liehst du mir auch dein Ohr,
als ich dich - noch lebend- beschwor?
Und ich schlage die Tür, die du
aufgerissen, wohl niemals zu.
(1945)
Das ist Achmatowa, die in einem ihrer Verse ihrem britischen Geliebten sehnsuchtsvoll folgenden traurigen Zeilen schreibt: Reich mir lieber deine beiden Hände,/schwöre, dass du mir im Traum erscheinst./ Denn wir sind zwei stumme Bergspitzen.../ und ein Treffen ist uns nicht vergönnt./ Wenn mir nächtens durch das Sternenblitzen/ doch ein Gruß von dir erstrahlen könnt.
Empfehlenswert.
1965 erhielt sie die Ehrendoktorwürde in Oxford.
Um einen Eindruck vom lyrischen Können Anna Achmatowas zu vermitteln, habe ich folgendes Gedicht ausgewählt:
Cinque
"Autant que toi sans doute il te sera fidele
Et constant jusques a la mort."
Charles Baudelaire
Wie am Rande der Wolke dort,
denk ich immer noch an dein Wort,
und mein Wort hat dir die Nacht,
zum leuchtenden Tag gemacht.
Wir standen der Erde so fern,
als wär jeder von uns ein Stern.
Nicht schüchtern und nicht entsetzt,
weder damals, noch später, noch jetzt.
Aber liehst du mir auch dein Ohr,
als ich dich - noch lebend- beschwor?
Und ich schlage die Tür, die du
aufgerissen, wohl niemals zu.
(1945)
Das ist Achmatowa, die in einem ihrer Verse ihrem britischen Geliebten sehnsuchtsvoll folgenden traurigen Zeilen schreibt: Reich mir lieber deine beiden Hände,/schwöre, dass du mir im Traum erscheinst./ Denn wir sind zwei stumme Bergspitzen.../ und ein Treffen ist uns nicht vergönnt./ Wenn mir nächtens durch das Sternenblitzen/ doch ein Gruß von dir erstrahlen könnt.
Empfehlenswert.
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