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Rezension: Unter dem Flüstern der Zeiten- Barbara Feldbacher

Dieser sehr schöne Lyrikband enthält jahreszeitliche Gedichte von Barbara Feldbacher. Den Gedichten sind Fotos des Schlosses Hellbronn und den dortigen Parkanlagen beigegeben. Im Rahmen eines lyrischen Spazierganges führt Fellbacher den Leser durch diese Anlage und fängt in ihren Gedichten die jahreszeitlichen Veränderungen ein, keineswegs nur des Parks, sondern auch ihrer Empfindungen. 

Natürlich kommt auch die Liebe in ihren Versen zu Wort und das Leid. Ohne Schmerz scheint die Liebe wohl niemals einem Menschen teilhaftig zu werden. 

Feldbachers Lyrik ist weit entfernt von der Moderne. Sie passt sich der Umgebung des Schlosses an und präsentiert sich in erster Linie zeitlos. Um Ihnen eine Vorstellung davon zu geben, welche Gedichte Sie in dem vorliegenden Buch erwarten, habe ich einen Text gewählt, in dem die Lyrikerin sich mit Seelenbetrachtungen befasst. Es scheint  eine Art Schlüsselgedicht für das vorliegende Buch zu sein, denn nur eine empfindsame Seele ist letztlich dazu in der Lage, ihre Umgebung in der ganzen Vielfalt  wahrzunehmen und dazu noch in poetischer Sprache subtil darzustellen. 

Seelenhaut

Ein 
Leben lang 
hat meine Seele
bloß gelegen,
verteilt auf alle Schichten
meiner Haut
Ein
jeder Luftzug
konnte sie erregen, 
so mancher Windstoß 
hat sie aufgeraut. 

Ein 
Flügelschlag schon
ließ sie 
tief erbeben,
das Farbspiel 
von einem Schmetterling.
Jung 
sagte man,
sei sie nicht
fähig für ein Leben,
die Widerstandskraft 
zu gering.

Ließ doch 
Ein Hauch bereits
sie oszillieren
das leise Wehen, 
sank sacht ein Federflaum, 
ein schwebend Blatt,
konnte sie empfindsam spüren,
gelöst 
von einem Lebenstraum 

Nicht selten 
kam der Sturm
und zauste ihre Ränder, 
riss, zog und zerrte
hin und her, 
für Seelen 
gibt es kein Geländer
sich festzuhalten ist
oft schwer. 

Empfehlenswert.

Rezension: Uta Engel- Du atmest jetzt schon ganz schön lange aus- Ein Abschied

Dieses farblich sehr schön gestaltete Buch enthält Gedichte der Lyrikerin Uta Engel. Die Diplom-Kauffrau und ausgebildete Bühnentänzerin arbeitet in beiden Berufsfeldern. 

Die Texte im Buch (es sind nicht nur Gedichte) sind entstanden, nachdem ihr Vater überraschend verstarb. Von ihm nimmt Ute Abschied. Durch die Gedichte verarbeitet sie dessen Tod, wie es scheint. 

Wie geht man mit abrupter Trennung oder mit dem Tod eines geliebten Menschen um? Weshalb fällt mitunter Abschiednehmen so schwer? Hängt es am Ende damit zusammen, dass man sich noch nicht alles Wichtige mitgeteilt hat? 

Mir sind Menschen begegnet, die den Zurückgelassenen das Abschiednehmen verwehrten, vielleicht um auf diese Weise stets erneute Traumtreffen provozieren zu können. Um der sinnlosen Quälerei ein Ende zu machen, hilft nur loslassen. Doch dies ist einfacher gesagt als getan, wenn der Stachel der Liebe sich tief ins Herz gebohrt hat. 

Stellvertretend für die vielen vortrefflichen Texte im Buch, möchte ich das "Traumtreffen" hervorheben. 

TRAUMTREFFEN 
Wollte Dich immer im Traum treffen. 
Du weißt schon- 
Nochmal alles sagen können. 
Ein Gespräch, 
wissen, ob es Dir gut geht, 
nochmal Deinen Ratschlag hören-
Dir sagen, wie sehr Du mir fehlst. 
Und dann habe ich geträumt. 
Es klopft an meiner Tür.
Ich mache auf und da stehst Du.
Kann nicht sagen- so außer mir bin ich. 
Du kommst rein,
schaust mich an voller Wärme und sagst: 
"Ich habe meine Taschenlampe vergessen.“ 

Du nimmst sie Dir und gehst.
Jetzt weiß ich: 
Wo immer Du auch bist- 
Du bist noch derselbe. 
Und ich weiß auch: 
Wir hatten uns bereits alles Wichtige gesagt, 
als Du noch hier warst. 

Empfehlenswert.

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Rezension: Koloß im Nebel: Gedichte (Gebundene Ausgabe)

Das vorliegende Buch enthält Gedichte des Lyrikers Durs Grünbein. Dieser Dichter erhielt u.a. im Jahre 1995 den Georg-Büchner-Preis, 2004 den Friedrich-Nietzsche-Preis, 2005 den Friedrich-Hölderlin-Preis. 2006 in Italien den Pasolini-Preis und 2012 in Schweden den Tomas-Transtömer-Preis.

Wie man erfährt, stehen in Grünbeins Dichtung Innenleben und äußere Welt in einer unauflösbaren Spannung. In all seinen Gedichten werde letztlich die Frage gestellt, was Imagination sei und wie sie das Bewusstsein verändere.

Mit dieser Info an der Hand habe ich mich durch die sieben Abteilungen gelesen, die man wie Bilder einer Ausstellung begreifen soll. Wie bei jeder Ausstellung gibt es Bilder, zu denen man einen besonderen Zugang hat.

Besonders angesprochen hat mich bei dem Reigen der Gedichte, die sehr zum Nachdenken anregen, jenes mit dem Titel "Wenn kein Credo mehr gilt". Auch hier muss man sich die Frage natürlich stellen: "Was ist Imagination und wie verändert Sie unser Bewusstsein?" Gehen wir nach der bewussten Lektüre dieser Verse mit mehr Respekt und größerer Aufmerksamkeit an die Werke der Lyriker heran? Es wäre zumindest zu wünschen.

Wenn kein Credo mehr gilt

Auf einem Ozean der Ignoranz
Treibt der Poet, ausgesetzt
Von den Schiffen der Philosophen
Majestätisch dahin.

In den Wellen verliert er sich,
Findet sich wieder auf hoher See,
Wo das Epos in Trümmer ging,
Von leichten Winden getragen.

Demut hält ihn im Gleichgewicht.
Eine Schwimmblase ist sie
Für die schaukelnde Psyche.
Die blaue Vernunft gibt ihm Halt.

 Majestätisch? Von wegen.
Der Finnische Meerbusen schweigt.
Das Gelbe Meer reicht ihn weiter
An die Straße von Malakka.
Die Barentssee weiß nichts von ihm.
 (Seite 90)

 Empfehlenswert.

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Rezension: Du musst das Leben nicht verstehen: Schöne Gedichte (Gebundene Ausgabe)

Dieser Gedichtband enthält eine bemerkenswerte Auswahl von Gedichten Rainer Maria Rilkes (1875-1926).

Die Gedichte sind in sechs Abschnitte untergliedert:
Mir zur Feier. Eine Auswahl (1897-1898)
Das Stundenbuch. Eine Auswahl (1899-1903)
Das Buch der Bilder. Eine Auswahl (1902 und 1906)
Neue Gedichte. Eine Auswahl (1906-1907)
Der neuen Gedichte anderer Teil. Eine Auswahl (1907-1908)
Sammlung der verstreuten und nachgelassenen Gedichte aus den mittleren und späten Jahren (1906-1926)

 Das Nachwort hat Evita Schäfer verfasst. Sie sagt, dass bei aller thematischen, motivischen oder sprachlichen Unterschiedlichkeit die Gedichtsammlung Rilkes durch das Moment einer immer wieder neuen (kindlichen)Aneignung der Welt, des Gegenübers, aber auch des eigenen Selbst geeint werde, (vgl.: 219).

Die chronologische Anordnung der vorliegenden Gedichte gibt einen Überblick über die einzelnen Schaffensphasen. Schäfer skizziert diese im Nachwort kurz und dabei gut nachvollziehbar. Die verdeutlicht in diesem Zusammenhang, welchen Themen in den einzelnen Schaffensperioden Raum gegeben wird.

Ich mag Rilkes Liebeslyrik sehr und doch möchte ein anderes Gedicht hier vorstellen, das ich bislang noch nicht kannte. Dieses Gedicht ist eines der schönsten und dabei klügsten Gedichte, die ich je gelesen habe.

 Du musst das Leben nicht verstehen
 Du musst das Leben nicht verstehen,
dann wird es werden wie ein Fest.
Und lass dir jeden Tag geschehen
so wie ein Kind im Weitergehen
von jedem Wehen sich viele Blüten schenken lässt.

Sie aufzusammeln und zu sparen,
das kommt dem Kind nicht in den Sinn.
Es löst sie leise aus den Haaren,
drin sie so gern gefangen waren,
und hält den lieben jungen Jahren
nach neuen seine Hände hin.
 (Seite. 19)

 Empfehlenswert.

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