Das vorliegende Büchlein enthält sechsundachtzig Gedichte von namhaften portugiesischen Dichtern und Dichterinnen.
Geschrieben wurden diese Lyrik vom Mittelalter an bis in unsere Zeit.
Hat sich die Gefühlslage der zur Melancholie und Sehnsucht neigenden Portugiesen in all den Jahrhunderten geändert? Wie mir scheint, eher nicht.
Einige wenige Dichter und Dichterinnen rebellieren. Deren Gedichte gefallen mir besonders. So schreibt António Ramos Rosa (geb.: 1925), ein Dichter mit erkenntnistheoretischem Anspruch, der nach der existenziellen Verwurzelung der Menschen in der Welt fragt, am Ende seines sehr schönen Gedichtes ".../ich kann mein Leben nicht vertagen auf ein anderes Jahrhundert/noch meine Liebe/noch meinen Schrei nach Freiheit.../Ich kann mein Herz nicht vertagen,(vgl.: S.175). Rosa will also im Jetzt leben und sich nicht der Sehnsucht hingeben. Ihn kann ich gut verstehen.
Die Gedichte sind alle in portugiesischer und deutscher Sprache abgedruckt. Herausgegeben wurden sie von Maria de Fátima Mesquita-Sternal und Michael Sternal.
Eugénio de Andrade schreibt in seinem Vorwort, dass die portugiesische Poesie die Identität der Portugiesen sei.
Sehr angetan bin ich von den Versen Fernando Pessoas (1888-1935), welcher der bedeutendste portugiesische Dichter nach Comoes und der wichtigste Repräsentant des literarischen Modernismus in Portugal ist. Über dessen literarisches Schaffen erfährt man analog zu den anderen Dichtern auf den letzten Seiten des Buches Erhellendes.
Pessoa schreibt u.a. "Dier Lieder der Portugiesen/ sind wie Schiffe auf See./ Sie ziehen von Seele zu Seele/ und können leicht untergehen",(S. 105) und zu Beginn eines anderen Gedichtes schreibt er "Oh salziges Meer, wie viel von deinem Salz/sind Tränen Portugals!" (S. 101). Damit charakterisiert er m.E. die meeresorientieren Befindlichkeiten Portugiesen bestens.
Bei Pessoa ist die Melancholie bis ins Unerträgliche gesteigert. Natürlich sind seine Verse ganz wundervoll, aber sie sind düster, so düster wie die Lyrik von Adolfo Casais Monteiro(1908-1972)- "Traurige Musik,/hoffnungsloser nächtlicher Gesang,/nach und nach/dringt er in mein Herz",(S. 141).
Ich möchte eine Gedicht von Florbela Espanca hervorheben, weil es mir sehr gut gefällt:
Ich möchte lieben, lieben ohne Maß!
Lieben nur um zu lieben: Hier..und dort..
Noch diesen noch jenen, noch einen anderen, alle..
Lieben! Lieben! Und niemand lieben!
Erinnern? Vergessen? Alles einerlei!..
Sich binden oder lösen? Ist es schlecht? Ist es gut?
Wer sagt, man könne jemanden
Ein ganzes Leben lieben, ist ein Lügner!
In jedem Leben gibt es einen Frühling:
Muss ihn doch, solange er erblüht, besingen.
Wenn Gott uns eine Stimme gab, dann doch zum Singen!
Bin ich dann eines Tages Asche, Staub und Nichts
Soll meine Nacht ein Morgendämmern sein,
soll ich mich dann verlieren..,um mich neu zu finden...
(S. 120)
Die schwermütige Lyrikerin Florbela Espanca (1894 -1930) beging nach mehreren gescheiterten Liebesbeziehungen Selbstmord.
Portugiesische Melancholie ist nicht ungefährlich, wie das Beispiel zeigt. Der Anspruch zu lieben ohne Maß, hätte es vierdient gehabt, ein langes Leben lang umgesetzt zu werden.
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